Montag, 23. Juli 2012

13) Straßen in und um Mühlhausen - Teil 5 -

Mühlhausen laut Altenburg
 Die Straßen der Stadt im 19. Jahrhundert ..

.. waren Anfangs noch nahezu unverändert, wie der Stadtplan in Altenburgs topographisch-historischer Beschreibung der Stadt .. aus dem Jahre 1824 zeigt.
Die Innenstadt hatte noch die selben Straßen und Gassen wie seit hunderten von Jahren.. und auch die Vorstädte bestanden fast nur aus den Ausgangsstraßen
 zu den äußeren Stadttoren. Nur die äußere Stadtmauer, welche die fünf Vorstädte schützte, war Ende des 18. Jahrhundert überwiegend abgebrochen worden.
Mühlhausen war zwar 1802 preußisch geworden, aber war und blieb vorerst immer noch die gemütliche Ackerbürgerstadt. 1829/30 wurden dann auch die ersten Straßenschilder in der Stadt eingeführt, die durchgängige Nummerierung der Häuser aus dem Jahre 1762 wurde aber weiter beibehalten.


Blick vom Schützenberg
Noch auf der bisherigen Trasse verlief damals der alte Hessenweg vom Äußeren Frauentor über den Schützenberg, vorbei an der Dicken Linde und durch die Pfafferöder Höhle über den Tonberg in Richtung Eigenrieden.
Am Schützenberg war jetzt auch der Galgen verschwunden, der in der Zeit der Freien Reichsstadt der Anhöhe im Westen der Stadt ihren Namen gab. 


alte Ammerbrücke
Anfang des 19. Jahrhunderts entstand dann nördlich der Ammerbrücke die neue Chaussee nach Ammern, die dann von 1810 bis 1817 als "Lange-Mark-Chaussee" von Ammern zur Lengefelder Warte und von da nach Dingelstädt weiter geführt wurde.
An der neuen "Kunststraße" nach Heiligenstadt waren Ganz-, Halb- und Viertelmeilen-Säulen (.. preußische Meile = 7,532 km ..) aufgestellt, die leider überwiegend verschwunden sind.
Bald war die alte Landstraße, die von der Hollenbacher Landstraße über Lengefeld zur Lengefelder Warte geführt hatte, in Vergessenheit geraten..



inneres und mittleres Görmartor
 Auch die Stadttore mußten bald der neuen Zeit weichen und so wurde 1822 das mittlere Görmartor und 1850 auch das innere Tor abgebrochen.
1862 verschwand dann auch das Wagenstedter oder Schindertor an der Wagenstedter Brücke und 1867 das Klingentor, wo von hier die Straße nach Görmar führte.




Chaussee nach Langensalza
Während die Chausse nach Langensalza und Gotha bereits Anfang des Jahrhunderts entstanden war, wurde  die neue Landstraße nach Eisenach erst 1847 fertig gestellt.
Damit war auch der Verkehr mit den damals üblichen Postkutschen wesentlich verbessert worden.
Bis nach Gotha waren übrigens auch Meilensteine am Rande der "Kunststraße" aufgestellt worden.
An die alte Trasse nach Gotha über die Erfurter Höhle und vorbei am Katzenturm, erinnerten bald nur noch einige Feldwege und die alten Flurbezeichnungen.


ehem. Eigenrieder Warte
 1835 war mit dem Bau der Wanfrieder Chaussee begonnen worden, welche jetzt den alten Hessenweg über den Schützenberg endgültig ablöste.
Damals stand der Wartturm an der Eigenrieder Warte noch, der aber dann verfiel. Das Grenzhaus wurde schon eine Zeitlang als Forsthaus genutzt.



Blick vom Forstberg
1848 war die Chaussee nach Sondershausen angefangen worden und auch die Landstraße nach Windeberg wurde jetzt befestigt und die Arbeiten 1859 bis 1865 bis Keula weitergeführt.
Sowohl die Landstraße nach Sondershausen, wie auch die Windeberger Landstraße verlief damals überwiegend auf den alten Trassen aus dem Mittelalter.



Dörnaer bzw.Bickenrieder Warte
Auch die alte Straße nach Heiligenstadt über Dörna und Hollenbach war chaussiert worden. Auch hier hatte die Grenzwarte am Landgraben längst ihre Bedeutung verloren.
Das Eichsfeld gehörte ja jetzt, wie der Landkreis Mühlhausen, zum preußischen Regierungsbezirk Erfurt und viele Heimarbeiter aus den Eichsfelddörfern waren auf der Straße nach Mühlhausen unterwegs, wo sie in den neuen Manufakturen Arbeit und Lohn fanden. 

Topografische Karte von 1854
1854 entstand mit dem topographischem Feldoriginal das erste Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme, das vom Prem.Lieutenannt im 6ten Ulanen Regiment, von Ritgen, aufgenommen und gezeichnet wurde.
Es war die erste wirklich maßstabsgerechte Karte des mühlhäuser Gebietes im Maßstab 1 : 25.000. Der Ausschnitt zeigt neben einigen neuen Landstraßen auch noch den Verlauf einiger mittelalterlichen Landstraßen, die damals noch als Feldwege vorhandenen waren. Erst mit der Separation im Jahre 1874 erfolgte eine Neuaufteilung der alten Fluren und zahlreiche alte Wege fielen weg.

am ehem.Erfurter Tor
Weggefallen war 1840 auch das innere und mittlere Erfurter Tor, aber erst gegen Ende des 19.Jahrhunderts wurden auch die Wälle und Gräben am Lindenbühl und am Kiliansgraben eingeebnet und die Straßen "chaussiert".
Nach dem Bau der Eisenbahn Gotha - Leinefelde, war hier am früheren Erfurter Tor auch erst einmal der wichtigste Zugang von der Innenstadt zum Bahnhof über die neue Augustastraße.

1886 erfolgte dann der Durchbruch der Stadtmauer von der Görmarstraße zur damaligen Friedrichstraße, um so einen direkten Zugang von der Oberstadt zum Bahnhof zu schaffen.



Wanfrieder Straße mit Straßenbach
Bei Altenburg hieß die Wanfrieder Straße noch ".. die Straße vom Felchtenthore ... bis ans oberste Felchtenthor .."
Das äußere Felchtaer Tor wurde dann 1825 abgebrochen und 1837 folgte das innere und 1838 das mittlere Felchtaer Tor. Ihren heutigen Namen erhielt die Wanfrieder Straße erst 1876, hatte aber damals noch den Straßenbach, der hier vom Popperöder Bach zur Pulvermühle und an der Straße entlang zum Kugelleich führte, wo er dann in der Schwemmnotte mündete.

Chausseehaus Windeberger-/Wagenstedter Straße
1865 war das ehemalige Chausseehaus an der Ecke Windeberger- / Wagenstedter Straße gebaut worden, das 1937 verschwand. Hier wurde von den durchfahrenden Fuhrleuten ein Chausseegeld für die Unterhaltung der Straßen kassiert. (.. die Maut ist also gar keine Erfindung der Neuzeit..)





Steinweg um 1865
Die Straßen der Innenstadt veränderten sich im 19. Jahrhundert nur langsam. Auch am Steinweg, wo der Straßenbach floss und die Brunnen standen, wo gegenüber der Brotlaube noch das Fleischhaus stand, entstanden erst nach und nach die Läden und Geschäfte und in manchem Hinterhaus gab es auch damals noch Werkstätten und Ställe für das Vieh.



Leder-Stephan im Johannistal
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden dann immer mehr neue Manufakturen und Fabriken in der Stadt. Erst kleinere Betriebe in der Innenstadt und in den vorhandenen Wassermühlen, aber dann auch überwiegend in den Vorstädten als neue Fabriken, wo die Dampfmaschine die Maschinen antrieb.
Jetzt dehnten sich die Vorstadtstraßen auch über die bisherige Begrenzung, die äußere Stadtmauer, hinaus aus und die Bevölkerung verdreifachte sich innerhalb von fünfzig Jahren.

Peterhof um 1860
An der Landstraße nach Eigenrieden hatte der Fuhrmann Peter 1838 den Ausspann "Peterhof" errichtet, der ab 1851 als Forsthaus und  Ausschank genutzt wurde und sich dann zur beliebten Ausflugsgaststätte entwickelte.







Mühlhausen um 1870
Um 1870 wuchs dann die Stadt immer mehr. Neue Straßen und ganze Stadtviertel entstanden, wie das neue Bahnhofsviertel im Osten der Stadt. (.. Auf dem hier gezeigten Stadtplan war aber die Führung der Friedrichstraße noch anders vorgesehen, der heutige Durchbruch der Stadtmauer erfolgte dann erst 1886 ..)
An der Tiedemannstraße (heute Thomas Müntzer-Straße) war 1865 das neue Gaswerk entstanden und bald leuchteten in vielen Straßen der Stadt die Gaslaternen. Noch waren aber auf dem Stadtplan alte Feldwege zu erkennen, die erst nach der Separation im Jahre 1874 verschwanden.
1888 wurde dann die Nummerierung der Häuser straßenweise eingeführt, so wie sie heute noch üblich ist.

Klingentor bis 1867
Auch die alten Tore der Stadt verschwanden immer mehr. So im Bahnhofsviertel 1867 das Klingentor in der heutigen Friedrich-Engels-Straße und 1873 das Bollstedter Tor bei der August-Bebel-Straße. 1871 wurde auch das äußere Neupfortentor an der Eisenacher Straße abgebrochen, während das Schaffentor und das Ammertor schon lange verschwunden waren.









Kilianistraße um 1885
Ende des 19.Jahrhundert verschwanden dann auch die Straßenbäche in der Innenstadt. Zuerst der große Nebenbach der Schwemmnotte, der von der Felchtaer Straße kommend über Untermarkt und Erfurter Straße zur Kilianistraße floss. Aber dann auch die kleineren Straßenbäche der Oberstadt, die vom Breitsülzenbach gespeist, durch fast alle Straßen der Oberstadt flossen.
Jetzt wurden hier Abwasserkanäle und die neue Wasserleitung verlegt und die alten Straßenbrunnen verschwandenen nach und nach aus dem Stadtbild.

Tilesiusstraße
Ein neues Bild boten Ende des Jahrhunderts dann auch zahlreiche neue Vorstadtstraßen. So entstanden im "Kräuterviertel" zwischen Ammerstraße und Harwand die Tilesiusstraße und mehrere neue Querstraßen. Im Westen der Stadt waren es die Johannisstraße, dieWeinbergstraße und die Wanfrieder Straße, die über die bisherige Stadtgrenze hinaus führten.






Pfortentor bis 1891
1891 wurde dann das Pfortentor als letztes der fünfundzwanzig ehemaligen Tore abgebrochen und nur das innere und äußere Frauentor blieben der Nachwelt erhalten.
Die Stadttore hatten hatten ja ihre Schutz- und Kontrollfunktion verloren und wurden nur als kostenaufwendiges Verkehrshindernis betrachtet.. Denkmalsschutz im heutigen Sinne gab es ja damals noch nicht. 









Steinweg vor 1900
Auch der Steinweg hatte Ende des Jahrhunderts sein Gesicht verändert. Immer mehr Geschäfte waren hier entstanden und zahlreiche Geschäftshäuser wurden neu- oder umgebaut.
Noch floss, wie hier links im Bild, der Straßenbach in Richtung Untersteinweg, aber bald musste auch er der neuen Straßenbahnlinie der Oberstadt weichen, die dann ab 1901 über den Steinweg fuhr.








Bick vom Westen um 1892
Um 1892 hatte die Marienkirche noch ihren alten Mittelturm aus dem 17.Jahrhundert, der mit dem Umbau ab 1893 durch den heutigen hohen neugotischen Turm ersetzt wurde.
Der Blick auf die Altstadt vom äußeren Frauentor zeigt den Blobach noch mit reichlich Grün, ein Zustand der sich dann in den folgenden Jahrzehnten auch ändern sollte.
Aber davon soll der nächste und letzte Teil der Straßen in und um Mühlhausen berichten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen