Donnerstag, 8. Dezember 2011

3) Claes & Flentje Mühlhausen .. endgültig Geschichte ..

E.B.Claes (1839 -1909)
 Ja..., das war´s dann wohl .....

am 6.12.2011 wurde mit dem endgültigen Abriss der kompletten Industrieanlage der ehemaligen Firma Claes & Flentje begonnen ...,
Damit verschwindet erneut ein Betrieb, der Anfang des vorigen Jahrhunderts zu den bedeutendsten Firmen der Stadt gehörte ..

1869 hatte Ernst Bernhard Claes seine Firma in der Röblingstraße gegründet und erwarb 1870 das Grundstück zwischen dem Kiliansgraben und der Waidstraße, wo seine Maschinenfabrik entstand.
Claes hatte in Mühlhausen Maschinenschlosser gelernt und seine Kenntnisse in einer mehrjährigen Wanderschaft erweitert. In Paris hatte er den Maschinenschlosser Flentje kennengelernt, der dann in Mühlhausen sein Kompagnon in der Firma Claes und Flentje wurde.
Vorrangig wurden Schuhmachernähmaschinen, Strickmaschinen und später auch Fahrräder hergestellt.








Schuhmachernähmaschine
Bereits 1876 wurde dann in der neuen Maschinenfabrik in der Waidstraße die zehntausendste Nähmaschine hergestellt.
In Mühlhausen hatte sich neben den zahlreichen Gerbereien eine leistungsfähige Lederindustrie entwickelt und neben den zahlreichen handwerklichen Schuhmachern gabes mit der Schuhfabrik Schreiber und Horner in der Wagenstedter Straße auch eine industrielle Schuhproduktion.
Auch das Textilgewerbe hatte eine lange Tradition in Mühlhausen..
Neben den handwerklichen Woll- und Leinenwebern, entstanden im 19. Jahrhundert auch mehrere größere Textilfabriken, wo von der Spinnerei bis zur Weberei oder Strickerei leistungsfähige Firmen entstanden.
Claes hatte die in England erfundenen Paget- und Cotton-Strickmaschinen weiter entwickelt und baute jetzt Flachstrickmaschinen, die erst als Handstrickmaschinen und dann auch mit Riemenantrieb betrieben wurden.


Dampflocomobile

Die Einführung der Dampfmaschine hatte ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Mühlhausen das Entstehen größerer Fabriken gefördert.
Mit der Dampfmaschine konnten jetzt die neu entwickelten Maschinen über Transmissionen angetrieben werden.
Diese Transmissionsanlagen waren in vielen Betrieben auch nach Einführung des elektrischen Stroms und der Elektromotoren noch lange in Gebrauch.
Mit der Eröffnung der Eisenbahn Gotha-Mühlhausen-Leinefelde im Jahre 1870 war auch der Transport der benötigten Kohle, aber auch der Transport der Rohstoffe und die Auslieferung der fertigen Produkte wesentlich verbessert und Mühlhausen entwickelte sich zur kleinen Industriestadt.


Fabrikarbeiter

Auch die Erwerbsstruktur in der Stadt veränderte sich zusehends ..
Aus dem Handwerksgesellen war jetzt oft der Fabrikarbeiter geworden, der nicht mehr auf der Walz war, sondern in der Stadt seinen festen Wohnsitz hatte. Auch aus den umliegenden Dörfern kamen immer mehr Leute in die Stadt, um in den Fabriken zu arbeiten. Dementsprechend wuchs die Stadt besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert stark an und die Einwohnerzahl verdreifachte sich.
Aber auch neue Leitungsstrukturen entstanden.
Neben dem Fabrikdirektor gab es jetzt den Buchhalter, den Betriebsleiter und die verschiedensten Meister bzw. den Vorarbeiter.
Aber auch bei den einfachen Fabrikarbeitern gab es Veränderungen. Sie organisierten sich in Gewerkschaften und fanden hier Unterstützung beim Kampf um gerechtere Löhne.
1891 hatte die Maschinenfabrik Claes & Flentje dann etwa 500 Beschäftigte.., eine Zahl die sich in den Folgejahren weiter erhöhte.





Versandabteilung
Auch bei Claes & Flentje entstanden jetzt die verschiedensten Arbeitsbereiche, von der Verwaltung, über Materiallager, zur Produktion und Auslieferung ....
Der Versand erfolgte jetzt per Eisenbahn meißt als Stückgut an die Händler bzw. Betriebe,
Am Bahnhof war hierzu mit dem Umbau 1910/11 ein großer Güterschuppen entstanden, von wo die Maschinen in alle Welt geschickt wurden.





1898 - "Pfeil"-Fahrräder

Ab 1898 wurden bei Claes und Flentje auch Fahrräder der Marke "Pfeil" hergestellt.
Das Fahrrad hatte sich zu einem beliebten Fortbewegungsmittel entwickelt.., erst als Sportrad (.. was beim Einrad auch sportliche Radfahrer erforderte ..) .. aber dann auch bald als Mittel, den oft weiten Weg zur Arbeit zu erleichtern ..
1908 wurde dann in Mühlhausen der Radsportverein "Pfeil" gegründet, dessen 22 Gründungsmitglieder ausschließlich die claes´schen Fahrräder benutzten..


1904 - Claes-Lkw
1904 stellte der Betrieb einen eigenen Lastkraftwagen her...
Ein Unikat, das mit einem englischen Motor ausgerüstet wurde und vorrangig zum Material- bzw. Warentransport von und zum Bahnhof diente.
Firma Claes & Flentje






Die Maschienfabrik Claes & Flentje prägte jetzt das Bild im neuen Bahnhofsviertel..
Neben den Fabrikbauten in der Waidstraße und dem Verwaltungsgebäude in der Friedrichstraße, entstanden am Kiliansgraben zwei pompöse Villen, die den Wohlstand des Claes´schen Betriebes repräsentierten.
Der Betrieb hatte jetzt etwa 1.000 Beschäftigte


köngl.Commerzienrat E.B.Claes

1909 starb Ernst Bernhard Claes.., der nicht nur Wirtschaftsgeschichte in der Stadt schrieb, sondern als Stadtverordneter und Vorsitzender der Handelskammer auch rege am gesellschaftlichen Leben der Stadt teilnahm.
Neben seinem Betrieb hatte Claes auch die repräsentativen Villen am Kiliansgraben 10 und 12 sowie in der heutigen Thälmannstraße bauen lassen.
Die Villa am Kiliansgraben 12 wurde dann 1930 von seinen Erben an die Firma Siegelmann verkauft und wurde später als Kindergarten genutzt und auch die Villa in der Thälmannstraße 4, die er seiner Tochter Mathilde vermacht hatte, wurde in der DDR-Zeit als Kindergarten eingerichtet .
Nach dem Tod des Firmengründers übernahmen seine Erben die Betriebsleitung, aber der bisherige Aufwärtstrend hielt nicht lange an.
1913 hatte der Betrieb dann "nur" noch 839 Mitarbeiter.




1.Weltkrieg (1914 -18)


Der 1.Weltkrieg brachte auch für die claes´sche Firma scharfe Einschnitte ..
Zahlreiche Arbeiter wurden eingezogen und die Produktion auf kriegswichtige Teile für Maschinengewehre, Minenwerfer usw. umgestellt.Lediglich die Fahrradproduktion lief weiter, denn die wurden damals noch verstärkt bei der Truppe eingesetzt.
1917 hatte der Betrieb dann nur noch 368 Mitarbeiter..., immer mehr Mühlhäuser kamen an die Front.. und viele nicht wieder nach hause.








Firmenwerbung um 1925
1919 war der Betrieb dann an das örtliche Stromnetz angeschlossen worden. Bisher erfolgte der Antrieb der Maschinen durch die Dampfmaschinen über Transmissionsanlagen bzw. über selbst erzeugten Strom.
Noch waren die Erzeugnisse in aller Welt ghefragt, aber Rezession und Inflation gingen auch an der Firma Claes & Flentje nicht vorüber.
1932 mußte die Firma dann Konkurs anmelden.. Die restlichen 150 Mitarbeiter wurden von der Nachfolgefirma Claes & Co GmbH übernommen, die 1937 zur Kommanditgesellschaft umgewandelt wird.
Auch im 2.Weltkrieg wurden wieder "kriegswichtige" Teile produziert und 1944 fand anläßlich des 75. Gründungstages am Schützenberg ein festliches Konzert statt.

Bereits im Mai 1945 nahmen dann die ersten 34 Mitarbeier der Firma ihre Arbeit wieder auf ,,
Neben der begrenzten Fertigung von Näh- und Strickmaschinen, wurden landwirtschaftliche Geräte und Beleuchtungskörper hergestellt .., im Oktober hatte der Betrieb dann schon wieder 160 Beschäftigte.





Claes´sche Villa um 1960

Die Villa am Kiliansgraben 10 war 1931 von den claes´schen Erben an den jüdischen Kaufmann Eckmann verkauft worden, der aber bereitzs 1934 Mühlhausen verlassen musste.
Jetzt ging die Villa "an das Reich" über und hier residierte der Standortälteste der Wehrmacht.
Im Juli 1945 zog dann die sowjetische Kommandantur hier ein. und danach war hier von 1946 bis 1964 der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) zu hause, dem der Betriebskindergarten des VEB Röhrenwerkes folgte.

Nach der Wende an die Eckmann-Erben rückübertragen, wechselte die spätklassizistische Bau mehrmals seine Besitzer ..., aber eine vernünftige Nutzung steht wohl immer noch in weiter Ferne.

ehem.Verwaltungsgebäude - Ecke Waidstraße



Aus dem Verwaltungsgebäude in der Friedrichstraße war in der DDR-Zeit das VPKA (Volkspolizeikreisamt) geworden.., dessen Nachfolger die Polizeiinspektion Mühlhausen dann in der Brunnenstraße ein neues Domizil bekam.






Fabrikgebäude Waidstraße

Jahrzehntelang dann noch als Claes & Co KG und später als VEB Spezialnähmaschinenwerk betrieben, kam mit der Wende auch für diesen Betrieb das Ende.
Die alten Fabrikgebäude in der Waidstraße standen dann lange leer .. und sind inzwischen so vergammelt, daß eine Instandsetzung nicht sinnvoll erscheint und da sowieso kein neuer Nutzer in Sicht ist, kommt jetzt der Abriss..





Villa Claes - Kiliansgraben 10
Nur die frühere Claes´sche Villa aus dem Jahre 1892/93 wird (..vielleicht ..) später noch davon künden..., wo früher einmal in Mühlhausen ein bedeutender Mann einen bedeutenden Betrieb aufgebaut hatte ..

Na ja..., etwas ist ja doch noch geblieben ..
im Industriegebiet am Schadeberg wurde eine Straße nach Ernst Bernhard Claes benannt ..










Übrigens .., natürlich gibt es außer dieser Blog-Seite "Mühlhausen - Geschichte und so weiter", nach wie vor die Vorgänger-Seite "Mühlhausen - Geschichte und mehr" mit ihren 100 Beiträgen zur Geschichte unserer Stadt ..
.. Ihr Günter Körber



1 Kommentar:

  1. Üdvözlöm!
    Szeretném megosztani önnel.
    http://zsoltzomborszki.blogspot.hu/p/claes-flentje-varrogep-felujitasa.html
    Magyarország

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